Entgegen mancher Kommentare – man denke nur an die pauschale Kritik bezogen auf Powerpoint – sind digital gestützte Präsentationen mitnichten multimediale Spielerei. Vielmehr können sie der fundierten Wiederholung und Festigung von Lerninhalten oder als Grundlage für einen späteren Rückgriff auf wichtige Zusammenhänge dienen – vor allem, wie auch der Geschichtsdidaktiker Michael Sauer betont, wenn damit eine eigene Strukturierung verbunden ist. Und multimediale digitale Ergebnissicherung im Geschichtsunterricht mit iPad geht, wie in diesem Beitrag gezeigt werden soll, weit über Powerpoint hinaus.
Obwohl sich dieses Praxisbeispiel auf den Geschichtsunterricht bezieht, gelten die hier dargestellten Möglichkeiten natürlich für alle Fachbereiche. Die wichtigsten Tools sind in diesem Beitrag zudem mit Video-Tutorials zu ihrer Anwendung unterlegt, sodass Kolleginnen und Kollegen, aber auch Schülerinnen und Schüler direkt damit arbeiten können.
Selbständiges Lernen und Arbeiten und die Erfahrung von Selbstwirksamkeit gehen im digital gestützten Unterricht zudem häufig Hand in Hand: Zusätzlich zur Festigung des Gelernten nehmen die Schülerinnen und Schüler ihre eigene Arbeit wichtig und schaffen mit vielfältigen Lernprodukten auch die Voraussetzungen für eine umfassende Würdigung.
Herausforderungen im Geschichtsunterricht
Dabei ist zu beachten, dass der Geschichtsunterricht häufig in einem Spannungsfeld unterschiedlicher Herausforderungen steht, welche die Planung und Durchführung beeinflussen. Am Beispiel der hier vorgestellten Einstiegsstunden zur Vorgeschichte der Amerikanischen Revolution in einem Grundkurs Geschichte seien nur einige der pädagogisch-didaktischen Bedingungen in der gymnasialen Oberstufe genannt:
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- Im neuen gA-Prinzip drei unterschiedliche Schülergruppen (P4, P5 und EF), also vom Abitur-Kandidaten bis zum Pflichtbeleg als Ergänzungsfach, in einem Kurs
- Unterschiedliche Motivationsniveaus
- Unterschiedliche Vorkenntnisse, da unterschiedliche Klassen in der Sekundarstufe I
- Komplexe historische Zusammenhänge durch Zusammenspiel von Theorie und historischem Geschehen sowie kategorialen Zugriff in der Sek. II
- Notwendigkeit von Daten und Fakten als Gerüst für Sinnzusammenhänge und Orientierungshilfe
- Unterschiedliche Lernertypen (visuell, audio, audio-visuell) mit unterschiedlichen Lernstrategien
In diesem Kontext bieten digitale Endgeräte neue Möglichkeiten schülerorientierter Erarbeitung und Sicherung:
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- Orientierung an den Erfahrungen, Interessen und Kenntnissen der Schüler
- Differenzierung nach Interesse und Lerntyp / Lernmethode (horizontal) bzw. inhaltlicher Umfang und Schwierigkeitsgrad / Komplexitätsgrad (vertikal)
- Motivierung und Aktivierung durch individuelle Auswahlmöglichkeiten
- Lernprodukte anstelle vorgefertigter und festgelegter Ergebnissicherungen
- Nachhaltiges, abwechslungsreiches Lernen möglich durch unterschiedlichste Ergebnissicherungen im Kurs und deren Nutzung im Schulportal (am Theodor-Heuss-Gymnasium Göttingen: IServ)
- Förderung von Medienkompetenz im Sinne von „Kritikfähigkeit an den Lösungsversprechen der Neuen Medien“
Vorgeschichte der Amerikanischen Revolution – komplexe Zusammenhänge, differenzierte Sicherung
Exemplarisch können an diesem aktuellen Semesterthema die Möglichkeiten differenzierter Ergebnissicherung im tabletgestützten Unterricht verdeutlicht werden. Schon die Ursprünge des Konflikts umfassen – allein durch die Genese der dreizehn Kolonien – eine Vielzahl an historisch-politischen Zusammenhängen, die den Schülerinnen und Schülern abhängig vom Unterricht der Sekundarstufe I unterschiedlich präsent sind. Für eine erste umfassende Ergebnissicherung zur Vorgeschichte der Revolution bietet sich die enge Verzahnung von Kern- und Wahlmodul im Rahmen einer grundlegenden Konfliktanalyse an:
Aus zahlreichen im Plenum gesammelten Fragen an das Thema wird die Frage nach dem Beginn der Revolution als Leitfrage aufgegriffen, die den weiteren Untersuchungsprozess strukturiert. Für die historische Untersuchung erhalten die Schülerinnen und Schüler einen Arbeitsplan, der zwar Leitfrage und mögliche Teilthemen vorgibt, aber doch weitestgehend offen bleibt und unterschiedliche Lösungswege und Ergebnisdarstellungen zulässt. Als Materialgrundlage können die entsprechenden Kapitel der diversen Oberstufen-Kurshefte dienen, einige konkrete Verweise finden sich im Arbeitsplan.

In Kursen, die mit Tablets im 1:1-Ansatz ausgestattet sind oder über Zugang zu Leihgeräten verfügen, können nahtlos und schnell unterschiedlichste Formate der Ergebnissicherung in Form von Lernprodukten erstellt werden. In dem hier gezeigten Beispiel können sich die Schülerinnen und Schüler in Neigungsgruppen der von ihnen präferierten Vorgehensweise zuordnen oder eigene Vorschläge einbringen.
Praxisbeispiel: Multimediale Ergebnissicherung im Geschichtsunterricht mit iPad
Zeitrahmen: Zwei Doppelstunden sowie Hausaufgabe
Präsentation mit Powerpoint / Keynote / Slides / Prezi – die klassische Methode digitaler Präsentation
Powerpoint, Keynote oder Slides sind die am häufigsten verwendeten Programme zur Erstellung von Präsentationen. Die lineare Struktur der Präsentationen ist dabei Vor- und Nachteil zugleich: Gerade bei chronologischen Betrachtungen im Fach Geschichte ist die lineare Struktur vorteilhaft und hilft, komplexe Zusammenhänge strukturiert zu erfassen. Allerdings können überladene Folien und kontinuierliche Folienwechsel auch negativ auf die Aufmerksamkeitsspanne wirken. Eine interessante Alternative ist das deutlich dynamischere Webtool Prezi.
Umsetzung: Die Gruppe erarbeitete eine inhaltlich so fundierte wie grundlegenden Powerpoint-Regeln entsprechende Präsentation, die mit einer klaren Struktur das komplexe Thema chronologisch-übersichtlich in den Blick nimmt.

Lernplakat – die klassische Methode der Ergebnissicherung und Präsentation im Klassenraum
Historische Zusammenhänge visuell darzustellen und in einer kompakten und anschaulichen Darstellung reduziert auf den Punkt zu bringen, ist eine herausfordernde Aufgabe. Die Fähigkeit, nur die wesentlichen Aspekte eines Gesamtzusammenhangs auf inhaltlicher Ebene herauszuarbeiten, wird vor allem durch die strenge formale Begrenzung gefördert.
Umsetzung: Die Arbeitsgruppe entschied sich bei der Umsetzung für zwei Ebenen – eine geographische Visualisierung mit Hinweisen zu Charakteristika der Kolonien und eine Zeitleisten mit Kerndaten sowie vertiefenden Informationen.

Lernvideo mit iMovie – umfassende Videobearbeitung mit Bordmitteln (iPad)
Genauso wie Adobe Spark ist iMovie ein Tool zur Erstellung von Videos. Auf allen iPads kostenlos und offline vorhanden, kann es vor allem in Klassen mit iPads eingesetzt werden. iMovie ist eine zwar simple und intuitiv bedienbare App, allerdings im Gegensatz zu Adobe Spark ein vollwertiges Videoschnitt-Programm. Die Funktionen sind damit zahlreicher, die Arbeitsschritte allerdings auch etwas weniger selbsterklärend, was eine kurze Einführung notwendig machen kann.
Umsetzung 1 – klassisches Erklärvideo: Die Gruppe entschied sich für iMovie, ohne damit zuvor gearbeitet oder eine Einführung erhalten zu haben. Es entstand in kurzer Zeit ein ausführliches Lernvideo mit zahlreichen Schnitten und Einblendungen, welche die erläuterten historischen Zusammenhänge verdeutlichen sollten.
Hier ein Auszug aus dem Schülervideo:
Umsetzung 2 – nonverbales Infovideo: Die Gruppe entschied sich für eine simple und schnell zu produzierende Variante. Zunächst wurden die Ergebnisse in einer Powerpoint-Präsentation zusammengefasst und diese auf dem iPad mit einer Bildschirmaufnahme als Video aufgenommen. Anschließend hinterlegten die Schüler noch Musik und produzierten so ein non-verbales Erklärvideo, wie es häufig bei Youtube zu finden ist.
Hier ein Auszug aus dem Schülervideo:
Interessiert an iMovie, aber noch keine Vorkenntnisse? Hier ein Video-Tutorial zur Funktionsweise.
Lernvideo mit Adobe Spark – neue Möglichkeiten mit niedrigschwelligem Zugang
Mit Adobe Spark steht ein kostenloses Webtool zur Verfügung, das die reduzierte, anschauliche und narrativ angelegte Präsentation historischer Zusammenhänge mit der Vermittlung produktiver Medienkompetenz kombiniert. Schüler werden von Konsumenten zu Produzenten multimedialer Produkte: Sie erstellen schnell und einfach digitale Inhalte wie Videos, Webpräsentationen oder Grafiken. Der technische Aufwand ist denkbar gering: Die Bedienung ist selbsterklärend, die angebotenen Inhalte (z. B. Bilder, Icons und Musik) sind lizenzfrei und bedenkenlos einsetzbar. Spark bietet eine intuitiv nutzbare und zugleich überschaubare Bandbreite an Funktionen. In der Regel verstehen Schüler die Funktionen von Adobe Spark ohne vorherige Einführung und können das Tool sofort produktiv nutzen. Damit steht dem Geschichtsunterricht eine völlig neue Präsentationsform zur Verfügung, deren Erarbeitungszeit sich im Rahmen bisher genutzter Formen der Ergebnissicherung bewegt. Die Lernprodukte können zudem anschließend im Internet veröffentlicht und so breiteren Nutzergruppen zur Verfügung gestellt werden, der historische Untersuchungsprozess mündet in eine öffentlichkeitswirksame Publikation.
Umsetzung: Die Gruppe entschied sich für Adobe Spark, weil die Schüler wenig Vorerfahrung mit iPads hatten. Hinzu kamen sprachliche Schwierigkeiten, sodass sich die kurzen Kommentaraufnahmen von Spark anboten, um Pausen zu haben und nicht eine lange Audiospur ohne Gelegenheit zum Nachdenken aufnehmen zu müssen. Als Ergebnis steht ein klar strukturiertes Erklärvideo mit erläuternden Kommentaren, das großen Anklang im Kurs fand.
Hier ein Auszug aus dem Schülervideo:
Interessiert an Adobe Spark, aber noch keine Vorkenntnisse? Hier ein kurzes Video-Tutorial zur Funktionsweise.
Podcast – Geschichte als Hörspiel
Einer Radiosendung nachempfunden, sind Podcasts ein geeignetes Format zur Erarbeitung und Wiederholung von Inhalten im Geschichtsunterricht. Die Schülerinnen und Schüler sind gefordert, die Themen nicht nur inhaltlich fundiert zu erarbeiten und genau zu strukturieren, sondern diese auch noch möglichst spontan und souverän (z.B. mit der iOS-Sprachmemos-App oder Audacity) aufzunehmen, sodass eine Art Talkformat entsteht. Das ist durchaus herausfordernd und erfordert gerade im Geschichtsunterricht sowohl Sach- als auch narrative Kompetenz. Zur Wiederholung eignen sich Podcasts insbesondere, da sie auch mobil per Smartphone und Kopfhörer abspielbar sind.
Umsetzung: Die Gruppe hat ein weitgehend frei vorgetragenes bzw. aufgenommenes Podcast-Format produziert mit einem Moderator und zwei Experten. In der Kürze der Zeit war eine genauere Aufteilung und Durchmischung der Rollen nicht möglich – aber deutlich wird auch hier, dass die narrative Kompetenz, die sonst im Unterricht relativ großer Kurse seltener zur Geltung kommt, deutlich gefördert wird. Mit Audioaufnahmen ist jeder gefordert, historische Zusammenhänge klar und verständlich wiedergeben zu können.
Hier ein Auszug aus dem Schüler-Podcast:
Quiz – Kahoot! – effektives Üben und Wiederholen
Mit dem kostenlosen, interaktiven Quizformat Kahoot! können Schülerinnen und Schüler Begriffe, Daten und Zusammenhänge trainieren – ohne Einstiegshürden, mit einfacher Bedienung und viel Dynamik und Spaß. Ob zu Stundenbeginn, in der Pause oder am Stundenende: Ein Kahoot!-Quiz bringt immer Abwechslung in den Unterricht, bietet aber vor allem die Gelegenheit zu umfassender Wiederholung, dem Erkennen von Fehlkonzepten und der gemeinsamen Vertiefung des Gelernten. Spielbar mit jedem internetfähigen Gerät – Tablet, Smartphone, Laptop.
Umsetzung: Auf Basis des Lehrwerks und mithilfe von Arbeitsblättern der Vorstunden erstellte die Arbeitsgruppe ein Kahoot! mit dreizehn Fragen, das in der Vorstunde der Klausur zur Anwendung kam. Auch Kahoot! ist selbsterklärend und so konnte die Gruppe ein umfassendes Online-Quiz erstellen, ohne über Vorkenntnisse zu verfügen. Das Quiz steht nun allen Kahoot!-Nutzern weltweit zur Verfügung, da die App alle Inhalte offen zur Verfügung stellt.

Praxishinweis: Bei Kahoot! ist eine kurze Kontrolle der Fragen und Antworten wichtig, um Fehler und damit Frustration in diesem eigentlich so motivierenden Spiel zu vermeiden. Auch die reflektierte Bildauswahl der SuS könnte hier thematisiert werden, wie an untenstehendem Beispiel zu erkennen ist.
Quizlet – effektives Üben und Wiederholen mit intelligentem Karteikartensystem
Quizlet ist eine sehr gute kostenlose, karteikartenbasierte App, um Vokabeln (und Begriffe sowie Daten und Fakten jeglicher Art) zu lernen und diese in verschiedenen Modi zu überprüfen und zu festigen.
Die Rückmeldung der Schülerinnen und Schüler ist eindeutig: Das Lernen von Begriffen und Daten wird abwechslungsreicher, fokussierter und durch die vielen Überprüfungsmodi nachhaltiger als das reine Auswendiglernen aus dem Buch. Quizlet bringt zudem in der Variante Quizlet Live Abwechslung und Aktivität in den Unterricht – was gerade im Geschichtsunterricht beim Wiederholen von Daten, Fakten und Zusammenhängen zu ganz neuer Motivation führt. Spielbar mit jedem internetfähigen Gerät – Tablet, Smartphone, Laptop. Hier ein Video-Tutorial zur Funktionsweise von Quizlet und ein Video-Tutorial zu Quizlet Live.
Umsetzung: Die Schülerinnen dieser Gruppe erarbeiteten zunächst einen Zeitstrahl auf Basis des Lehrwerks, notierten sich wichtige Protagonisten und Orte des Geschehens und erstellten daraus dann ein Quizlet-Lernset. Dieses Lernset kann die Lehrkraft dem Quizlet-Kurs zuordnen, dem die Schülerinnen und Schüler zu Schuljahresbeginn beigetreten sind. Sie haben dann unkompliziert Zugang zum Lernset. Im Unterricht selbst lässt sich mit Quizlet Live dann in Teams gegeneinander antreten – konsequentes Wiederholen und viel Aktivität zugleich.

Praxishinweis: Auch bei Quizlet sollte genauso wie bei Kahoot! kurz kontrolliert werden, da sich häufiger Fehler einschleichen, die dann im Spiel zu Frustration führen können.
Kurzfazit
Die durchgeführte dezentrale Ergebnissicherung auf Basis unterschiedlichster Formate funktionierte sehr gut. Die Schülerinnen und Schüler waren mit großer Motivation involviert und erstellten so fundierte wie vielfältige Lernprodukte. Diese boten anschließend den unterschiedlichen Lernertypen unterschiedliche Zugänge zum Thema – eine zielführende und sinnvolle Ergänzung zur Erarbeitung im Unterricht.
In Kürze werden an dieser Stelle noch die Einschätzungen der Schülerinnen und Schüler des Q1gA Geschichte ergänzt – sie können den Erarbeitungsprozess wohl am besten beurteilen.
