Grundlegender und zugleich wirkungsvoller Wandel im Bereich der Digitalisierung in der Schule gelingt nur mit einem Masterplan, der die in untenstehender Grafik aufgeführten 5 Säulen erfolgreicher Change-Management-Konzepte integriert. Denn gerade die schnellem Wandel gegenüber kritisch eingestellten Reaktionsgruppen weisen meist eine hohe Sensibilität gegenüber konzeptuellen Schwachstellen und Fehlern auf. Dies gilt insbesondere für die späte Mehrheit, die zunächst mit durchaus kritischer Grundhaltung noch überzeugt werden möchte, und natürlich die Skeptiker. Trotz aller Fortbildungs-, Entwicklungs- und Partizipationsmöglichkeiten machen verfestigte Haltungen gerade diese Zielgruppen von Change-Management zu mehr oder weniger volatilen Prozessbeteiligten.
Dieser Artikel ist der dritte Teil einer Ideenskizze zu Change-Management in der aktuellen Schulentwicklung. Hier geht es zu den früheren Artikeln:
Schulentwicklung durch Change-Management I: Digitalisierung in der Schule
Digitalisierung in der Schule – 5 Säulen von Change-Management
Fehlt in einem Change-Management-Konzept nur eine der essentiellen 5 Säulen, so werden gerade eher abwartend bis ablehnend eingestellte Gruppen deutlich reagieren und die weitere Entwicklung negativ beeinflussen.

Vision – Ausgangsbasis aller Entwicklung

Eine klare Vision ist die Ausgangsbasis aller Entwicklung. In der Regel scheint dies die zunächst einfachste Zielebene zu sein, gerade in Digitalisierungsprojekten, denn Visionen lassen sich direkt aus persönlichen und gesellschaftlich oder politisch artikulierten Vorstellungen und Anforderungen ableiten. Dennoch sollte zunächst eine schulbezogene Vision artikuliert werden – Leitfragen dafür könnten sein:
Wie entwickelt sich und wie bewerten wir als Schule unter den Bedingungen digitaler Transformation…
…das Verständnis von gutem Unterricht ganz allgemein?
…das Verständnis eines angemessenen Schüler-Lehrer-Verhältnis?
…das Verständnis der vorrangig in der Schule zu fördernden Kompetenzen?
…das Verständnis von Form, Funktion und Aufbau zielführender Lernprozesse?
…letztlich das Verständnis von guter, zeitgemäßer Bildung?
Fähigkeiten – Fortbildungskonzepte im Rahmen von Schulentwicklung

Erscheint gerade der Bereich der Fähigkeiten manchen als unüberwindbare, angstmachende Hürde – wohl eine der häufigsten (aber meist nur implizit genannten) Ursachen für Verweigerungshaltung – so lässt sich dieser doch in der Planung gut bewältigen: Ein Fortbildungskonzept ist Basis jedes Schulentwicklungsvorhabens. Interne und externe Fortbildungen unterschiedlicher Formate ermöglichen den Transfer expliziten Wissens, durch neue Formen der Zusammenarbeit kann das kollegiale Lernen gefördert werden. Die Digitale Transformation lässt sich nur erfolgreich gestalten, wenn Potential und Gefahren dieses Bereiches klar erkannt werden – ansonsten drohen Entwicklungsvorhaben schon auf einer frühen Stufe an unterschiedlichen Ausprägungen professioneller Angst (technisches Versagen, pädagogisches Versagen, Kontrollverlust etc.) zu scheitern.
Ein grundlegender Entwicklungsprozess in Bezug auf die Fähigkeiten könnte dann diesen Schritten folgen:

Anreize – Beteiligte für Schulentwicklung gewinnen

Gerade für Schulen kann es schwierig sein, im derzeitigen institutionellen Rahmen Anreize zu setzen (siehe auch Hinweise zu Systemschwierigkeiten von Schulen im Grundlagenartikel), welche die intendierte Schulentwicklung in die Breite und Tiefe tragen.
Dennoch können auch im bestehenden Rahmen der Schulen diverse Möglichkeiten genutzt werden, um Widerstand so gut wie möglich zu vermeiden und das gesamte Kollegium für die neue Entwicklung zu gewinnen.
Auch hier ist ein laufender SOLL-IST-Abgleich wichtig, um Mehrarbeit und konzeptionelle Beiträge zur Schulentwicklung anzuerkennen, zugleich aber auch das gesamte Kollegium im Blick zu behalten und Anreize zur Nutzung der neuen Möglichkeiten zu setzen.

Ressourcen – begrenzte Ressourcen zielführend einsetzen

Häufig fehlen in Schulen die Ressourcen für umfassende Schulentwicklung – gerade im Bereich der Digitalisierung vor allem finanzielle Ressourcen für grundlegenden Wandel. Werden dann doch Ressourcen zur Verfügung gestellt (s. DigitalPakt), werden Schulen mit teils nicht nachvollziehbaren Bedingungen konfrontiert (Hardware-Kosten: JA / Personalkosten: NEIN). Die Technik steht dann zwar zeitnah zur Verfügung, es fehlen aber die personellen Ressourcen für Inbetriebnahme, Wartung und Nutzer-Support.
Hier kommt der Zusammenhang von Schulentwicklung und Change-Management ins Spiel, der auch in der Fachliteratur auf zunächst einfachen Grunderkenntnissen beruht:
- Effektive Schul- und Unterrichtsentwicklung sind immer planvoll, systematisch und systemumfassend.
- Alle Akteure und Ebenen der Schule sind einbezogen: Schüler, Lehrer, Eltern und Schulleitung.
- Es wird ein Entwicklungsschwerpunkt mit einer klaren Zielsetzung ausgewählt.
- Entsprechend des Entwicklungsschwerpunktes werden Aktivitäten darauf abgestimmt, pädagogische Praktiken neu ausgerichtet und vorhandene Ressourcen zielbezogen eingesetzt.
Das heisst, der jeweilige Entwicklungsschwerpunkt der Schule sollte auch eine gewisse Priorität in der Ressourcenplanung haben. Nur so lassen sich die begrenzenten Schul-Ressourcen zielführend für die Ausgestaltung des Schulentwicklungsschwerpunktes zuweisen. Dies kann zeitlich klar begrenzt sein: Bei Digitalisierungsprojekten ist vor allem der Ausbau der Grund-Infrastruktur (Schul- und Klassenraumaustattung, WLAN etc.) ein entscheidender, weil kritischer Faktor. Diese hohen Einmalkosten bedingen Budget-Schwerpunkte, die im Folgejahr schon deutlich geringer ausfallen. Auch wenn dies auf Kosten anderer Bereiche gehen kann (aber nicht zwingend muss), sollte die Prioritätensetzung, auch gegen Widerstände, aufrechterhalten werden. Denn die durch lücken- oder fehlerhafte Infrastruktur geschaffene Frustration ist nachhaltiger als kurzfristige Budgetinteressen.
In diesem Prozess kann eine grundlegende, aber übersichtliche Planung helfen, Entwicklungs- und Investitionsfelder zu erkennen und zugleich allen Interessengruppen der Schulgemeinschaft transparent zu machen.
Schulen können hier mit Checklisten arbeiten, die anhand unterschiedlicher Planungsbereiche einen möglichen Überblick über Investitions- und Fokussierungsfelder einer Schule im digitalen Wandel bieten.
Strategie – Ziele deutlich machen

Gerade im Bereich digitaler Schulentwicklung fehlen an Schulen häufig Vorkenntnisse und Kompetenzen, um überhaupt eine umfassende Strategie entwickeln zu können. Das ist nicht verwunderlich, umfasst doch die gesamte Lehramtsausbildung bisher nur rudimentäre Elemente digitaler Lehr-Lernkonzepte und schon gar nicht Module zu strategischer Schulentwicklung.
Hilfreich kann es sein, ganz grundlegend nach der SMART-Zielsetzung die Schulstrategie festzulegen. Hier ein Beispiel zur Festlegung einer Strategie und Zielsetzung (aus dem Grundlagenartikel):
Strategie: Multimediales Lernen und Arbeiten im tabletgestützten 1:1-Unterricht (Festlegung durch Schulleitung in Zusammenarbeit mit involvierten Lehrkräften und/oder einer Steuergruppe).
Zielsetzung (kurz): Der Einsatz von digitalen Medien im Unterricht ist etabliert und erfolgt durch Lehrkräfte und Schülerinnen und Schüler kompetent. Der Umgang mit den Arbeitsmedien wird sachorientiert gestaltet und fokussiert zusätzlich die Förderung von Kreativität, Kollaboration, Kommunikation und Kritischer Medienkompetenz.
Zielsetzung (SMART): Die Lehrkräfte und Schülerinnen und Schüler nutzen digitale Medien im Unterricht kompetent und gehen kritisch mit ihnen um. Im Sinne einer SMARTen Zielsetzung bedeutet das:
S (Spezifik): Der Einsatz digitaler Medien ist etabliert, reflektiert und funktional.
M (Messbarkeit): Der Medieneinsatz wird kompetent und funktional durchgeführt.
A (Attraktivität): Das Potenzial digitaler Medien wird angemessen genutzt.
R (realistisch): Der Einsatz digitaler Medien erfolgt nach einer gemeinsam festgelegten Schwerpunktsetzung (Beispiel: „Projekt Digitales Lernen und Arbeiten in der Sekundarstufe II“).
T (Terminierung): Drei Jahre für die erste Entwicklungsphase. Laufende Evaluation in den Klassen (jedes Schulhalbjahr) und im Kollegium (jedes Schuljahr) sowie Begleitung durch eine externe Evaluation.
Dieser Artikel ist der dritte Teil einer Ideenskizze zu Change-Management in der aktuellen Schulentwicklung. Hier geht es zu den früheren Artikeln:
Schulentwicklung durch Change-Management I: Digitalisierung in der Schule
Da es sich bei diesem Blog-Artikel – wie häufig – um eine Ideenskizze handelt, sind Zuschriften und Kommentare gerne erwünscht! Wie sind Ihre Erfahrungen – was sehen Sie ähnlich oder anders – welche Aspekte fehlen?
[…] Hauke Pölert (@iPadinderSchule): Schulentwicklung durch Change-Management III – 5 Konzept-Säulen für Digitalisierung in der Schul… […]