Auch in der Presse spiegelt sich der gesellschaftliche Diskurs zum Thema wider, weshalb an dieser Stelle immer mal wieder chronologisch auf interessante und relevante Artikel aus den unterschiedlichsten Perspektiven hingewiesen sei:
Zu einem mal etwas anderen Diskurs kam es in den FAZ-Ausgaben vom 26. April und 11. Mai. In einem Gastbeitrag hatte der Deutschlehrer Fabian Geyer seine Bedenken bezüglich des politischen Willens zur Digitalisierung der Schulen artikuliert. Ihm erscheint es schleierhaft, welchen Beitrag elektronische Geräte zur Verbesserung des Schreibens leisten sollen. Es wurden zwar keine neuen Argumente vorgebracht und einige der Thesen treffen auf die schulische Realität nicht zu (z.B. die fehlende Kontrolle über die Schülergeräte – „Tablets lenken nur ab!“ -, die an vielen Schulen mit Tablets eine Grundbedingung darstellt), dennoch treffen die Warnungen einen Nerv bei all denjenigen, die in Hinblick auf den Einsatz neuer Medien im Unterricht eine Verschlechterung des Schreibens erwarten.
In der Ausgabe vom 11. Mai antwortete eine achte Schulklasse des Schiller-Gymnasiums in Witten dem digitalskeptischen Deutschlehrer und führte aus, warum Tablets für jeden sinnvoll sein können. Neben dem doch sehr dehnbaren, aber in der Praxis deutlich bemerkbaren Argument höherer Motivation, weisen die Schüler auf einen wichtigen Aspekt hin: Der Einsatz von Tablets im Unterricht bedeutet keinesfalls, das Einüben handschriftlicher Ausdrucksfähigkeit in Form wie Inhalt aufzugeben! Die Praxiserfahrungen zeigen, wie gut sich Handschrift und digitales Arbeiten verbinden lassen. Und genau dieser Diskurs wird und muss weitergehen, denn die Zukunft des Arbeitens wird allen Bedenken zum Trotz digital sein, zugleich muss aber kritisch abgewogen werden, in welchen Bereichen die „analoge“ Arbeit mit Stift und Papier unabdingbar ist – sei es zum Erlernen grundlegender Kulturtechniken, sei es zur genaueren und tieferen Aufnahme von Informationen.
Dieses ganz selbstverständliche Vorgehen im Unterricht mit Tablets lässt sich auch aus einem Artikel in der Süddeutschen Zeitung vom 17. Mai erschließen: Die „Revolution im Klassenzimmer“ am Gymnasium Grünwald beinhaltet ganz selbstverständlich die Nutzung digitaler Medien zur Recherche und Präsentation, genauso aber handschriftliche Arbeitsphasen – ganz pragmatisch und ohne jeden Hype um die Technik auf die jeweiligen Vorteile zu nutzenden Mediums ausgerichtet.
Im Tagesspiegel vom 14. Mai kommt dann der Direktor des Hasso-Plattner-Instituts – u.a. verantwortlich beteiligt an der Etablierung der „Schulcloud“ an Mint-EC-Schulen – zu Wort. Christoph Meines plädiert deutlich für mehr Tempo und mehr Experimentierfreude bei der Digitalisierung und Digitalen Bildung an Schulen.
Nur eine Randnotiz vom 15. Mai, aber im Kontext der aktuell stattfindenden Diskussion zum Datenschutz im Digitalisierungsprozess zumindest ein interessanter Hinweis: Bei einer Festrede an seiner ehemaligen Hochschule hat Apple-Chef Tim Cook wiederholt deutlich betont, dass sich Apple im Gegensatz zu Facebook und Google bewusst sei, dass alle persönlichen Informationen den Nutzern gehörten und daraus Konsequenzen zöge: „Wir haben uns entschieden so wenig Daten wie möglich zu sammeln.“
Welche Blüten der aktuelle Digitalisierungshype allerdings treibt, zeigt sich an dem Artikel vom 16. Mai aus der Welt, der auf die Durchdigitalisierung von Deutschlands Kindern eingeht. Laut Experten müsse das gesamte Bildungssystem, angefangen von der Kita über die Schule und Universität, darauf ausgerichtet werden, IT-Kenntnisse zu vermitteln. Daher sei schon für Zweijährige der Einsatz digitaler Medien in der frühpädagogischen Erziehung sinnvoll, die Medienbildung solle nicht dem Elternhaus überlassen werden. Entsprechende Studien und Gutachten zur Wirkung digitalen Medienkonsums auf Kleinkinder – oder gar zur lernförderlichen Wirkung – werden in dem Artikel nicht erwähnt…
Und genau diesen Punkt – den Einsatz von Tablets an Grundschulen – sieht der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger, zu Recht sehr kritisch und plädiert dafür, gerade beim Erlernen grundlegender Techniken dem handschriftlichen Schreiben und Kopfrechnen den Vorrang zu geben: Heute gehe es mehr um Textbearbeitung. „Man schreibt, löscht, ersetzt, ändert – das ist eine große Beliebigkeit gegenüber dem ersten Gedanken, den man fasst.“ Schreibe man einen Aufsatz handschriftlich, habe man die Verantwortung, das Thema vorher zu strukturieren und geistig zu erfassen. „Da ist schon ein größerer Aufwand dahinter, der das Gehirn ganz anders fordert.“