Ein Blog im Unterricht? Bereits Ende 2016 führten die Gründer des kostenlosen und auf weitrechenden Datenschutz spezialisierten Messengers Telegram das Tool für das schnelle Veröffentlichen von Texten, Videos und Bildern ein – „Telegraph“. Vier Jahre später ist der Dienst nach wie vor kaum bekannt, wie ich in Fortbildungen und im Austausch mit Kolleginnen und Kollegen immer wieder feststelle. Dabei hat dieses Web-Tool gerade für einen offeneren Unterricht, der Produkt- und Handlungsorientierung fördert, großes Potential.
Vorteile von telegra.ph im Unterricht
Drei Vorteile werden sofort deutlich:
- Der Dienst ist absolut anonym, es ist keine Anmeldung oder Registrierung notwendig, sondern man kann direkt loslegen und, falls gewünscht, auch unter einem Pseudonym veröffentlichen.
- Die Bedienung des Instant-Blogs ist simpel und intuitiv nutzbar, Nutzer starten direkt mit der Eingabe ihrer Inhalte. Der niedrigschwellige Ansatz spart Zeit und Energie für Fortbildungen und methodische Einführungen im Unterricht und ist auch für unerfahrene Nutzer eingängig.
- Damit lässt sich endlich ein großer Widerspruch der aktuellen Didaktik lösen: Gerade im Fremdsprachenunterricht wird inzwischen häufig die Textsorte „Blogeintrag“ gefordert – mit dem Ergebnis, dass die Schüler ihre „Blogeinträge“ auf Papier verfassen und außer dem schönen Schein der Aufgabenstellung wenig vom zeitgemäßen Lernen und Arbeiten bleibt. Mit telegra.ph lassen sich nun erstmals Blogformate – mit Text, Audio, Video, Twitter – direkt und nahtlos in den Unterricht einbinden.
Blog im Unterricht erstellen – Wie arbeite ich mit telegra.ph?
Schritt 1: Website öffnen und loslegen
Nach dem Öffnen der Website telegra.ph gibt man direkt einen Titel ein, den eigenen Namen (falls gewünscht ein Pseudoym) und kann in der folgenden Zeile mit dem Schreiben beginnen.

Schritt 2: Inhalte einfügen
Beginnt man mit dem Schreiben, erscheinen zwei kleine Symbole, die anzeigen, dass man in dieses Feld auch Bilder oder Links (Websites oder auch Youtube, Vimeo, Twitter) einfügen kann.

Fügt man bspw. einen Youtube-Link ein, wird automatisch das Video als direkt im Blog abspielbares (eingebettetes) Element angezeigt.

Genauso lassen sich Bilder einfügen, die dann direkt im Blog (aber nicht weiter formatierbar) einfügen lassen.

Schritt 3: telegraph-Blog veröffentlichen
Sind alle Inhalte eingefügt und der Blog fertig, lässt sich dieser ganz einfach über den Button „Publish“ veröffentlichen.

Der Blog erhält jetzt einen eigenen Link, der per copy & paste anderen Nutzern zur Verfügung gestellt werden kann.
Wichtiger Hinweis
Telegraph ist ein Instant-Blogging-Dienst, der das direkte Veröffentlichen beliebiger Inhalte zum Ziel hat. Der Dienst ist eigentlich nicht zum Betreiben klassischer und kontinuierlich gepflegter Blogs gedacht. In diesem Fall könnte man sich (auch im schulischen Kontext) eher die Mühe einer WordPress-Publikation machen.
Der Blog soll auch nach der Veröffentlichung bearbeitet werden?
In diesem Fall sollte man ab dem Moment des Veröffentlichens darauf achten, die Cookies des Browsers nicht mehr zu löschen, sonst ist der Blog nicht mehr veränderbar, da die Website das Gerät nicht mehr als Administrator erkennt. Was einerseits sehr sicher ist und ungewollte Veränderungen am Blog verhindert, macht es hier auch ein bisschen komplizierter.
Sind die Cookies noch vorhanden, lässt sich der Blog als Autor nach Aufrufen des Links über den Button „Edit“ bearbeiten.
Seit einiger Zeit existiert eine weitere Möglichkeit, telegraph-Blogs einerseits weiterzubearbeiten (ohne ständig die Seite offen zu halten) und andererseits von unterschiedlichen Geräten aus (kollaborativ) zu gestalten: Telegram hat einen eigenen Telegraph-Bot veröffentlicht, mit dem man die Instant-Blogs bearbeiten kann. Etwas kompliziertere Einrichtung, dafür aber die Vorteile eines klassischen Blogs. Hier einige Hinweise zum Telegram-Bot, die gerade für die Erarbeitung in Klassen interessant sein könnten.
Instant-Blog im Unterricht verwenden – wofür kann ich telegra.ph nutzen?
Die Verwendungsmöglichkeiten von telegra.ph sind prinzipiell sehr umfassend, denn Lehrpersonen haben mit telegra.ph ein Tool zur Verfügung, dass der Textsorte Blogeintrag eine passende Online-Umgebung bietet. Je nach Fach können telegraph-Blogs eingesetzt werden für…
…Länderinformationen (gerade im fremdsprachlichen Unterricht).
…Lesetagebücher.
…Filmvorstellungen und -analysen.
…kommentierte Fotocollagen.
…Versuchsdokumentationen mit Hintergrundinformationen.
…Austausch-Tagebücher.
…Materialzusammenstellungen zu vorgegebenen Themen.
…Projektdokumentationen und Werktagebücher.
…das Erstellen von Portfolios.
…das Vorstrukturieren von offenen Arbeitsphasen für Lerngruppen und anschließendes Einfügen der Inhalte.
und vieles mehr.
Was kann telegra.ph nicht?
telegra.ph ist ein praktisches und vielfältig nutzbares Tool für Instant-Blogging, was aber auch Grenzen mit sich bringt. Nochmal kurz und knapp – telegra.ph kann nicht…
…als fester Blog, der laufend ergänzt wird, genutzt werden bzw. bedarf dann besonderer Vorsicht (Cookies speichern, Website geöffnet lassen, Link kopieren).
…kollaborativ erstellt werden. Es kann immer nur von einem Gerät aus geschrieben werden.
…mit unterschiedlichen Formatierungsmöglichkeiten gestaltet werden. Der basiert auf der einfachen und untereinander angeordneten Eingabe von Inhalten.
Kurzfazit
Telegraph ist ein gutes und funktionales Angebot für den Unterricht, das endlich ermöglicht, Blogformate niedrigschwellig, grafisch ansprechend und zugleich völlig anonym zu gestalten. Vergleichbar einem Tool wie Padlet ermöglicht das kostenlose und webbasierte Telegraph die Sammlung vielfältiger Inhalte und fördert offenere, kreative Arbeitsweisen im Unterricht, die bisher nur schwer umsetzbar waren. Zusammen mit der Veröffentlichung der Arbeitsergebnisse im Internet als eigener kleiner Mini-Blog macht Telegraph die Schüler zu Produzenten eigener, öffentlich aufrufbarer Inhalte. Die Einschränkungen des Angebots sind – gerade was kollaboratives und fortlaufendes Arbeiten am Mini-Blog angeht – schade, lenken aber die didaktische Planung auch auf das Wesentliche: Schnelles, ansprechendes, anonymes Bloggen.
Wer darüber hinaus kollaborativ und dauerhafter arbeiten möchte, könnte bei der Planung auf ein Tool wie Padlet ausweichen, das zwar eher auf einem Pinnwand-Prinzip basiert, aber ähnlich offene und kreative Arbeits- und Präsentationsmöglichkeiten bietet.
Unterrichtsbeispiel aus einer Grundschule (5. Klasse)

Wie man telegra.ph im Unterricht nutzen kann, zeigt hier das Beispiel einer befreundeten Kollegin aus der Maria-Montessori-Grundschule in Berlin. Sie erstellte für ihr fächerübergreifendes (Deutsch-Naturwissenschaften-Kunst), gemeinsam mit einer Kollegin durchgeführtes Projekt mit ihren Schülern den Telegraph-Blog „Aus Müll wird Kunst – Die Recycling-Stadt ´5A City 3000`“ zur Unterrichtsstrukturierung und als Werktagebuch. Konkret ging es um die Werke des kongolesischen Künstlers Bodys Isek Kingelez, der aus Restmüll Stadtvisionen für die Zukunft entwarf – Kunstwerke, an denen nun auch die Schüler der Klasse 5 mit großer Begeisterung arbeiten, während auf dem Blog die Fortschritte des Arbeitsprozesses visualisiert werden.
Für die Lehrerin waren vor allem folgende Aspekte wichtig:
- In Kunst stellt sich oft das Problem, dass SuS viel früher fertig sind als andere – das kann über ein solches Online-„Werkbuch“ aufgefangen werden, indem die SuS, wenn sie fertig sind, Ergebnisse dokumentieren, Texte zu Werken und Ideen dahinter schreiben, Fotos machen, im Blog schreiben etc.
- Telegraph kann gleichzeitig als Präsentationsinstrument am Smartboard für Einstiege, Sicherungen, Präsentationen etc. genutzt werden
- SuS können eigene kleine Unterseiten erstellen, die verlinkt werden und das Gesamtprojekt ergänzen
- Fremdwörter können gleich verlinkt werden
- Die Eltern können die Arbeit in der Klasse praktisch live mitverfolgen
- SuS können/sollen vermehrt eigenständig am Blog mitarbeiten
- Der gesamte Arbeitsprozess kann abgebildet / dokumentiert werden, nicht nur das Endergebnis
- Entstehende Werke können ausgestellt / präsentiert werden, die Arbeit der SuS wird wirklich wertgeschätzt
Ich möchte freundlich drauf Hinweisen, das Telegram definitiv nicht die Anonymität seiner Benutzer schützen will.
Der verlinkte Artikel zeigt recht anschaulich warum man Telegram misstrauen sollte
https://www.heise.de/hintergrund/Telegram-Chat-der-sichere-Datenschutz-Albtraum-eine-Analyse-und-ein-Kommentar-4965774.html
Der Messenger wurde bereits von diversen Tech-Portalen auseinander genommen